Meinungs- und Marktforschung ist für viele Unternehmen und Institutionen unverzichtbares Mittel zur Gewinnung von Erkenntnissen z.B. über die Erwartungen von Verbrauchern zu bzw. deren Akzeptanz von Produkten oder Dienstleistungen. Mithilfe repräsentativen stichprobenartigen Umfragen in speziellen Personenkreisen werden verallgemeinerungsfähige Aussagen abgeleitet.
Soweit die Befragung im Rahmen der Meinungs- und Marktforschung zumindest mit Adress- und Kommunikationsdaten und daher mit personenbezogenen Daten im Zusammenhang steht, sind datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten.
Welches sind die Voraussetzungen der Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten?
§ 4 Abs. 1 BDSG setzt bekanntlich für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten entweder die Einwilligung des Betroffenen oder das Vorhandensein einer Erlaubnisnorm voraus. § 30a BDSG stellt eine solche Erlaubnisnorm für die Erhebung Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Meinungs- und Marktforschung dar. Somit besteht kein Einwilligungserfordernis.
Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Meinungs- und Marktforschung ist demzufolge unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
- Es besteht kein Grund zur Annahme, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogene Daten hat (§ 30a Abs. 1 Nr. 1 BDSG), oder
- die personenbezogenen Daten können aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden oder die verantwortliche Stelle dürfte diese Daten veröffentlichen und es bestehen keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen am Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten.
Die aufgeführten Voraussetzungen machen deutlich, dass eine Interessenabwägung notwendig ist und dass bei Überwiegen der Interessen des Betroffenen im konkreten Fall, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten des Betroffenen zu unterbleiben hat.
Was bedeutet hier die gestufte Zweckbindung?
Daten aus allgemein zugängliche Quellen bzw. welche die verantwortliche Stelle veröffentlichen darf, dürfen auch für andere Forschungsvorhaben verwendet werden.
Hingegen dürfen alle übrigen Daten für andere Zwecke nur nach Anonymisierung i. S. des § 3 Abs. 6 BDSG verarbeitet und genutzt werden.
Wann erfolgen die Datenerhebung und -speicherung geschäftsmäßig?
Geschäftsmäßiges Handeln bedeutet jede auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeit in Wiederholungsabsicht. Dabei bezieht sich die geschäftsmäßige Datenerhebung und -verarbeitung auf die Tätigkeit und nicht auf die Institution. Dies gilt gleichermaßen für die Tätigkeit beauftragter Meinungs- und Marktforschungsinstitute sowie von Unternehmen, welche eigene Meinungs- und Marktforschung betreiben (lassen).
Wie sind die erhobenen Daten zu speichern?
Die zunächst im Rahmen der Befragung erhobenen personenbezogenen Daten müssen nach der Erhebung oder Speicherung pseudonymisiert und zudem anonymisiert werden, sobald dies nach dem Zweck des Forschungsvorhabens möglich ist. Bis dahin hat eine sog. File-Trennung zu erfolgen, d. h. die Merkmale sind gesondert zu speichern, welche geeignet sind, einen Personenbezug herzustellen.
Daraus resultiert eine gestufte Pflicht zur Pseudonymisierung und Anonymisierung:
- Trennung von pseudonymisierten Daten und den entsprechenden Zuordnungsmerkmalen
- Anonymisierung nach Erreichen des Forschungszwecks
Gelten Besonderheiten bei besonderen Arten personenbezogener Daten?
Besondere Arten personenbezogener Daten i. S. des § 3 Abs. 9 BDSG dürfen nur für ein bestimmtes Forschungsvorhaben erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Im Übrigen gelten für diese Daten durch Verweis des § 30a Abs. 5 BDSG die besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG.
Welche Informationspflichten bestehen gegenüber Betroffenen?
Werden im Rahmen der Befragung personenbezogene Daten beim Betroffenen erhoben, ist dieser zu Beginn der Befragung, die z.B. auch zum Zeitpunkt eines Vertragsschlusses erfolgen kann, mindestens über folgende Punkte zu informieren:
- die verantwortliche Stelle;
- darüber, dass die Datenerhebung und -verarbeitung zum Zwecke der Meinungs- und Marktforschung erfolgen;
- über eine geplante Beauftragung eines Instituts zur Meinungs- und Marktforschung;
- darüber, dass die Daten nicht in personenbezogener Form an Dritte weitergegeben werden;
- das Widerspruchsrecht in Bezug auf die Verwendung der Daten.
Die fehlende Information über das Widerspruchsrecht bzw. die Missachtung des eingelegten Widerspruchrechts sind bußgeldbewehrt.
Meinungs- und Marktforschung oder Werbung?
Soweit eine Befragung telefonisch oder mittels elektronischer Post (z.B. E-Mail) durchgeführt wird, muss mit Blick auf die lauterkeitsrechtlichen Regelungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG eine Abgrenzung zur Werbung vorgenommen werden.
Denn die telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern setzt eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Angerufenen voraus. Sind Unternehmen betroffen, kann u.U. zumindest eine mutmaßliche Einwilligung genügen. Werbung unter Verwendung elektronischer Post bedarf unabhängig davon, ob sie gegenüber Verbrauchern oder Unternehmen erfolgt, stets der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers.
Ob § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG für die telefonisch oder mittels elektronisch durchgeführter Meinungs- und Marktforschung anwendbar ist, hängt auch davon ab, eine Umfrage dem Ziel dient, unmittelbar oder mittelbar den Absatz zu fördern. Ist dies im konkreten Einzelfall zu bejahen, ist auch für die Befragung zum Zwecke der Meinungs- und Marktforschung eine Einwilligung erforderlich. Fehlt diese, liegt zugleich ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß vor.
Auftragsdatenverarbeitung oder Datenübermittlung?
Ein Meinungs- und Marktforschungsinstitut kann als weisungsgebundener Auftragnehmer oder weisungsunabhängig tätig sein. Abhängig von der Weisungsgebundenheit ist die Bereitstellung von Betroffenendaten zur Kontaktaufnahme eine zu rechtfertigende Datenübermittlung oder stellt eine privilegierte Datenweitergabe im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung dar.
Auftragsdatenverarbeitung
Hinsichtlich der Weisungsbefugnis des Auftraggebers stellt sich die Frage, wie z.B. die Konzepterstellung zur Befragung und die Auswertung von Forschungsergebnissen, insbesondere das einfließende Know-how hinsichtlich angewandter Methoden und Tools etc. durch das beauftragte Institut durch Weisung des Auftraggebers i. S. des § 11 BDSG beeinflussbar sein soll.
Denkbar ist jedoch, dass sich der Auftraggeber die Befragungsinhalte Methoden und Auswertungsmöglichkeiten des Meinungs- und Marktforschungsinstituts zu eigen macht. Dies führt dazu, dass dann von einer den Weisungen des Auftraggebers unterliegenden Tätigkeit des Instituts ausgegangen werden kann.
Datenübermittlung
Teilweise wird vertreten, dass § 30a BDSG eine eigenständige Auftragsgrundlage darstelle, so dass es keines Rückgriffs auf § 11 BDSG als Erlaubnisnorm für die Datenerhebung und -verarbeitung bedürfe. Demnach trüge das beauftragte Institut die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Sicherheit der Adress- und Kommunikationsdaten, die ausschließlich anonymisierte Datenweitergabe und Nutzung der Ergebnisse.
Die zum Schutz der Daten erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen nach § 9 BDSG i. V. mit Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG hat das beauftragte Institut ohnehin zu treffen. Der Auftraggeber wäre „lediglich“ für die datenschutzkonforme Datenübermittlung verantwortlich.
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